Heute morgen saß ich an meinem Küchentisch und war einfach nur wütend. Draußen nieselte es still vor sich hin, doch ich hatte weder Verständnis, noch war ich für logische Argumente zugänglich. Ja, klar, Regen ist gut für die Natur, doch ich war zutiefst enttäuscht, dass sich alle meine Pläne, besonders mein Urlaub zerschlagen hatten. Meine Verabredungen mit Freunden, mein Chorkonzert und diverse andere Veranstaltungen, auf die ich mich so gefreut hatte, waren natürlich abgesagt worden. Und jetzt auch noch dieses schlechte Wetter! Was, verdammt noch mal, sollte jetzt mein Immunsystem noch stärken? Was sollte jetzt meine Stimmung wieder heben? Mein Mann, mit dem ich wenigstens einen Streit vom Zaun hätte brechen können, um mich abzureagieren, hatte schon, ob meiner schlechten Laune, das Weite gesucht. Da saß ich nun und fühlte ich mich auch noch schlecht wegen meiner Wut.
„Reue ist der Versuch, in sich zu gehen, nachdem man gerade so schön aus sich herausgegangen ist.“ Dieser Spruch stammt von Hans Clarin und er stimmt. Denn als ich mich näher mit diesem grummelnden Gefühl in meinem Bauch beschäftigte und meiner Wut nachspürte, fragte ich mich plötzlich, warum wir ausgerechnet dieses Gefühl so abwerten.
Wut ist eine sehr aktivierende Energie. Sie fordert uns auf etwas an unserem Ist- Zustand zu ändern. Sie treibt uns an, uns mit der Situation konstruktiv auseinanderzusetzen. Meist verbinden wir jedoch mit Wut nur negative, unbeherrschte, aggressive Reaktionen. Und in der Tat: „Jeder kann wütend werden, das ist einfach. Aber wütend auf den Richtigen zu sein, im richtigen Maß, zur richtigen Zeit, zum richtigen Zweck und auf die richtige Art, das ist schwer“ erkannte schon Aristoteles.
Ja, es ist schwer, doch wir haben in der Tat die Wahl, wie wir mit diesem Gefühl umgehen wollen. Wir alle kennen durchaus Situationen, in denen uns eine „heilige Wut“ dazu gebracht hat, endlich mal den Mund aufzumachen und unsere Meinung zu sagen bzw. etwas Konstruktives zu unternehmen.
Viele Menschen behaupten jedoch Aggression oder Wut überhaupt nicht zu kennen. Ein sicheres Zeichen dafür, wie sehr sie, meist schon sehr früh, gezwungen waren ihren Ärger zu unterdrücken und ein liebes braves Kind zu sein. Eltern, die selbst nie lernen durften konstruktiv mit ihrer Wut umzugehen, können nur bedingt ihre Kinder bei diesem Gefühl begleiten. Zu groß ist die Gefahr mit den eigenen verdrängten Gefühlen in Berührung zu kommen. Deshalb erleben wir oft Liebesentzug statt Unterstützung, wenn uns mal die Wut überkommt. Das macht uns Angst.
Doch Aggression ist an sich weder positiv noch negativ – sie ist Energie und diese Energie können wir nur auf zwei Art und Weisen ausdrücken: Nach außen oder gegen uns. Meist entscheiden wir uns dafür, sie gegen uns zu richten. Wir boykottieren uns selbst, bis wir depressiv und handlungsunfähig geworden sind. Psychologen betrachten es deshalb als einen Fortschritt in Richtung Heilung, wenn depressive Menschen wieder mit ihrer Wut in Berührung kommen.
Trigger, die in uns Wut auslösen, haben immer mit alten Verletzungen und Traumata zu tun, vor allem mit Gefühlen der Hilflosigkeit. Wir fühlen uns als Opfer, unfähig etwas für uns zu tun. Nicht umsonst sprechen wir auch von ohnmächtigem Zorn. Wir können jedoch diese unguten Prägungen auflösen, die uns hindern konstruktiv mit der aktuellen Situation umzugehen.
Überholte Glaubenssätze und Gefühle in Zusammenhang mit dem Thema Wut, lassen sich bei einer neurobiologischen Balance wieder neutralisieren. Wird unseren inneren Widerstand aufgelöst, können wir unsere Wut als Impuls registrieren, endlich für uns aktiv zu werden. Wenn wir uns, in solchen Momenten, mehr mit unseren Bedürfnissen auseinandersetzen als mit dem Anlass unserer Wut, verraucht sie oft genauso schnell, wie sie gekommen ist. Die Wut hat ihre Funktion erfüllt.
In diesem Sinne werde ich jetzt das Wetter nutzen und es mir mal zuhause gemütlich machen. Zuerst gönne ich mir ein heißes Bad und dann werde ich die Zeitschrift lesen, die schon solange auf mich gewartet hat.
Ihr Quick-Win-Serviceteil
Oft befinden wir uns zum wiederholten Mal in den gleichen Situationen, anstatt das zu erleben, was wir uns wünschen. Wenn wir jedoch konkrete Veränderungen anstreben, sollten wir uns fragen:
- Wie gehe ich mit Situationen um, die mich wütend machen?
- In welcher Weise schränken mich meine unbewussten Verhaltensmuster dabei besonders ein?
- Wie würde ich gerne reagieren?
- Wie verhalte ich mich tatsächlich, oft wider besseren Wissens?
- Erlaube ich mir meinen Ärger zu zeigen?
- Welche unbewussten Überzeugungen hindern mich oft daran?
- Ist es mir in der Vergangenheit schon einmal gelungen mich so zu verhalten, wie ich es mir wünsche?
- Kenne ich das Gefühl von konstruktiver Wut?
- Bin ich ihr schon mal gefolgt?
- Kann ich mich an diese Qualität erinnern?
- Bin ich oft enttäuscht, wütend und frustriert oder fühle mich als Opfer der Situation?
- Was hindert mich noch, mich von diesen Blockaden zu befreien?
- Was würde sich dadurch in meinem Leben verbessern?
Wenn Sie solche einschränkenden Muster bei sich entdecken, vereinbaren Sie doch ein kostenfreies, ca. 20 minütiges Vorgespräch mit mir. Sie lernen meine Methode besser kennen und bekommen schon erste Anregungen, wie Sie mit Ihrem Anliegen umgehen können.