Getrennte Wege – erfüllte Beziehungen
Viele Menschen wünschen sich sehnlichst, dass ihre Partner*innen ihre Interessen und Hobbys teilen: Einen Theaterbesuch zu zweit zu genießen, einen Wochenendtrip in einem Wellnesshotel zu verbringen, um gemeinsam die Seele baumeln zu lassen, eine sportliche Aktivität zu beginnen, die beide begeistert. In der Tat, schöne Erlebnisse, die man miteinander teilt, können eine Beziehung vertiefen. Lehnt unser Partner*in diese Vorschläge ab oder nimmt nur unwillig z.B. an einem gemeinsamen Tanzkurs teil, sind wir enttäuscht und es entsteht in uns sehr schnell das Gefühl, nicht geliebt zu werden. Frustriert sind wir geneigt, die ganze Beziehung in Frage zu stellen.
Was als Diskussion über Freizeitgestaltung beginnt, endet dann oft in zermürbenden Grundsatzdiskussionen über die gemeinsame Beziehung. Wir alle kennen das: Wenn es in unseren Beziehungen kriselt, wissen wir meist genau, wie sich der oder die andere verändern sollten, was uns an ihnen nicht gefällt bzw. was wir uns von ihnen wünschen. Selten ist uns in solchen Momenten bewusst, dass diese Ansprüche, Erwartungen und Wünsche, die wir an unsere Partner*innen richten, eigentlich nur ein Ausdruck unserer Sehnsüchte sind. Ihre Erfüllung wollen wir lieber an andere delegieren, statt selbst die Verantwortung dafür zu übernehmen. Wir stecken in einem Gefühl der Hilflosigkeit fest und glauben, nur vom anderen das Gewünschte bekommen zu können.
So verständlich der Wunsch nach Gemeinsamkeit und Gleichklang in Beziehungen auch ist, manchmal ist es ein entscheidender Schritt, bewusst den Fokus wieder auf uns selbst zu richten. Um was geht es uns denn eigentlich? Um Gemeinsamkeit, um einen Liebesbeweis oder trauen wir uns schlicht nicht zu, uns diesen Wunsch selbst zu erfüllen? Es kann sehr aufschlussreich sein, genau hinzuschauen, warum uns das Miteinander so wichtig ist und ob nur der andere uns diesen Wunsch erfüllen kann.
Wir müssen unser Gegenüber nicht von der Berechtigung unserer Bedürfnisse überzeugen, noch zu einer Zusage bewegen, sondern wieder die Verantwortung für unsere Wünsche und ihre Realisierung selbst übernehmen. Dann tun sich Möglichkeiten auf, die wir bis jetzt ausgeblendet hatten, in dem dringenden Wunsch etwas vom anderen erfüllt zu bekommen. So beschloß eine Freundin jedes Jahr eine Gruppenreise allein zu unternehmen, da ihr Mann, von vielen Geschäftsreisen müde, eher eine ruhige Zeit zuhause im Garten einer weiteren Reise vorzog. Eine für beide sehr befriedigende Lösung.
Doch gerade unter Stress engt sich unsere Sicht auf die Dinge ein, wir beginnen zu kämpfen, erhöhen den Druck, was selten den erwünschten Erfolg bringt.
Unbewusst verhalten uns wie ein Kind, das andere anbetteln und an sie appellieren muss, ihm das zu ermöglichen, was es glücklich macht. In unserer Kindheit hatten wir tatsächlich oft keine andere Wahl und waren vom Wohlwollen unserer Eltern abhängig. Vielleicht wurden wir auch nie darin unterstützt, selbst aktiv zu werden, um uns unsere Wünsche zu erfüllen. Unser Selbstvertrauen schwindet deshalb in solchen Momenten und es tauchen unbestimmte Ängste in uns auf: Wir fühlen uns unfähig, verzweifelt, abhängig oder trotzig und wütend. Doch, statt diese Gefühle anzunehmen und zu bearbeiten, lasten wir sie oft unserem Partner an, der instinktiv spürt, dass es eigentlich gar nicht um ihn geht und deshalb unwillig reagiert.
Oft haben wir auch die Tendenz uns zu sehr auf bestimmte Dinge zu versteifen.Wenn wir aus einem überzeugten Fußballfan unbedingt einen Theaterfan machen wollen, hat das mit wahrer, reifer Liebe wenig zu tun, denn die braucht Eigenständigkeit. Und mal ehrlich, sind wir denn selbst bereit viele Samstage im Stadion zu verbringen? Wie steht es mit unserer Kompromissbereitschaft?
Natürlich ist der Wunsch berechtigt vom anderen gesehen und in unseren Bedürfnissen verstanden zu werden. Wenn diese Basis in einer Beziehung nicht mehr gegeben ist, ist eine Trennung möglicherweise die beste Lösung. Doch je mehr wir unseren Frust abbauen, indem wir uns Wünsche selbst erfüllen, unabhängig davon, ob unser Partner*innen, unsere Freunde*innen das gutheißen oder daran teilhaben, umso mehr Vertrauen bekommen wir auch in unsere Fähigkeit gute Entscheidungen für uns zu treffen und unser Leben selbstverantwortlich zu gestalten.
Manchmal erfordert das, alte Prägungen und Glaubenssätze bewusst zu hinterfragen. Welche Erfahrungen, welche Erlebnisse hatten wir als Kind: Brauchten wir nur einen Wunsch zu äußern und unsere Eltern haben darauf reagiert – oder haben sie unsere Bedürfnisse nicht gesehen? Wurden wir ermutigt und unterstützt oder mussten wir immer darum kämpfen, das zu bekommen, was uns wichtig war? In unseren Sitzungen überprüfen wir diese alten Muster, denn sie haben die Tendenz sich ganz automatisch in unseren aktuellen Beziehungen zu wiederholen.
Es kann sehr befreiend sein, plötzlich zu spüren, wie viele Möglichkeiten uns zur Verfügung stehen, uns selbst glücklich zu machen. Dann können wir diese appellierende, kindliche Rolle, und unsere ungestillte Sehnsucht ablegen, der anderen möge sich doch endlich verändern, sich um uns kümmern, unsere Bedürfnisse erraten, unsere Wünsche erfüllen.
Das Leben wird wieder zum Abenteuer und wir können freier entscheiden, was uns in einer Partnerschaft wichtig ist und was nicht.
Das muss auch nicht immer ein einsamer Weg sein. Meist finden wir schnell Gleichgesinnte. Ohne uns aus der Verbundenheit einer engen Beziehung lösen zu müssen, können wir eigene Wege gehen und unseren Interessen folgen. Im Gegenteil, entgegen unseren Erwartungen werden auch unsere engen Beziehungen dadurch oft lebendiger und erfüllender. Sind beide zufrieden – manchmal auch auf getrennten Pfaden – steht der Weg offen echte Gemeinsamkeiten zu entdecken und zu genießen.
Ihr Quick-Win-Serviceteil
Oft befinden wir uns zum wiederholten Mal in den gleichen Situationen, anstatt das zu erleben, was wir uns wünschen. Wenn wir jedoch konkrete Veränderungen anstreben, sollten wir uns fragen:
- Welche Wünsche, welche Erwartungen habe ich an Beziehungen?
- Wieviel Gemeinsamkeit wünsche ich mir?
- Geht es mir wirklich um Freundschaft oder Liebe oder soll der andere vor allem meine Bedürfnisse erfüllen?
- Was könnte passieren, wenn ich mich und die anderen so annehme, wie wir nun mal sind?
- Was hindert mich daran, meine Träume zu verwirklichen?
- Traue ich mir das zu?
- Und wenn nicht, welche unbewussten Überzeugungen habe ich über mich?
- Habe ich oft das Gefühl, nur andere können mir Wünsche erfüllen?
- Sind das wirklich reale Fakten?
- Welche konkreten Schritte sind zu tun?
- Was würde mich dabei unterstützen?
- Wie würde ich mich gerne verhalten?
- Wie verhalte ich mich tatsächlich, oft wider besseren Wissens?
- Ist es mir in der Vergangenheit schon einmal gelungen mich so zu verhalten, wie ich es mir wünsche?
- Kann ich mich an diese Qualität erinnern?
- Bin ich oft enttäuscht, wütend oder frustriert und fühle mich als Opfer der Situation?
- Was hindert mich noch, mich von diesen Blockaden zu befreien?
- Was würde sich dadurch in meinem Leben verbessern?