Warum wir immer noch darauf warten, versorgt zu werden. Noch immer schlummert in uns die Vorstellung, wir müssten uns unsere Versorgung verdienen, indem wir angepasst bleiben und die tradierten Rollen erfüllen, die unsere Gesellschaft von uns erwartet. Wir wurden nicht darauf vorbereitet, dass Unabhängigkeit und Selbstverantwortung gleichzeitig auch Selbstbehauptung, Durchsetzungskraft und manchmal sogar harten Kampf bedeuten. Sobald diese Qualitäten gefordert sind, zucken wir unwillkürlich zurück. Denn beruflicher Ehrgeiz, Zielstrebigkeit und Führungsstreben werden noch immer als unweiblich diffamiert. Zahlen einer aktuellen internationalen Studie belegen es. Danach verdienen in Deutschland Mütter sogar noch 10 Jahre nach der Geburt ihres ersten Kindes 61 Prozent weniger als in dem Jahr vor der Geburt (Child Penalties Across Countries, März 2019 von Henrik Kleven, Princeton University und weiteren renommierten Wissenschaftlern, Link zur Studie). Neben dem Gender Pay Gap und weiteren Einflüssen, sind vor allem die bestehenden Rollenmuster, die Frauen noch immer erfüllen, der Grund für diese Realität.
Alte tradierte und ererbte Rollenmuster schlagen zu. Jahrhundertelang waren Frauen gezwungen ihre Fähigkeiten in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen und sich mehr auf die Versorgung anderer als auf die eigene Versorgung auszurichten, ja sich unterzuordnen. Selbstbehauptung und Eigenständigkeit waren nur bedingt und hauptsächlich im häuslichen Umfeld zu verwirklichen. Deshalb fühlen vorallem wir uns noch immer für Haushalt und Kindererziehung zuständig, ja manchmal kommt es uns vielleicht geradezu wie ein Machtverlust vor, unsere Männer daran gleichberechtigt zu beteiligen.
In Krisensituationen erleben wir uns oft anders. Wir spüren unsere Power. Der Druck die Herausforderungen meistern zu müssen, setzt oft ungeahnte Kräfte in uns frei. Sind wir aufgrund von Krankheit, Scheidung oder Tod plötzlich gezwungen für den Familienunterhalt zu sorgen, können wir ungeahnte Fähigkeiten entwickeln. Alleinerziehende Mütter erleben, trotz Stress und gelegentlicher Überforderung, eine Autonomie, die mancher gut versorgten Ehefrau abgeht. Denn mit der erfolgreichen Bewältigung von Herausforderungen wächst ihr Selbstvertrauen und der Mut sich neuen ungewohnten Situationen zu stellen. Auch ihr Selbstbewusstsein wird stärker.Für die Frauengeneration der Trümmerfrauen, die sich von ihren aus dem Krieg zurückgekehrten Männern plötzlich aus ihrer Autonomie wieder in die zweite Reihe haben drängen lassen, muß dies geradezu traumatisch gewesen sein. Man muss sich nur die Werbung der fünfziger Jahre anschauen, um erahnen zu können, wie erfolgreich diese Rolle rückwärts damals war. Das weibliche Selbstbewusstsein arbeitete sich am glänzenden Küchenherd ab, bis sich der Gatte abends an den gedeckten Tisch setzte.
Viele Männer sind mittlerweile bereit, ihre Familienrollen zu überdenken…… doch nur, wenn wir als Frauen hartnäckig bleiben. Nicht selten fühlen sich Männer entlastet, wenn sie nicht mehr allein für die Versorgung der Familie zuständig sind. Oft beginnen sie, nach anfänglicher Verunsicherung, die beruflichen Erfolge ihrer Frauen sogar zu bewundern und zu unterstützen. Denn auch unseren Partnern, Kollegen und Chefs schreiben wir gewisse Rollen zu, die ihnen nicht wirklich entsprechen. Lösen wir uns jedoch aus unseren Mustern, geben wir auch unserem Umfeld die Chance sich zu verändern. Doch solange wir bei den geringsten Widerständen wieder zurückweichen oder uns gar nicht erst trauen, voran zu gehen, bleiben wir in der Opferrolle und alles bleibt beim Alten.
Alte Prägungen und Rollenvorstellungen holen uns immer wieder ein und führen zu massivem Selbstboykott. Oft fühlen wir uns zornig oder depressiv, verunsichert oder wie gelähmt, weil wir instinktiv wissen, dass wir selbst an unserer Lage nicht ganz unschuldig sind: Laufen wir doch immer wieder unseren eigenen Ansprüchen nach Perfektionismus in die Falle. Die Angst, keine gute Mutter oder Ehefrau zu sein, hält uns davon ab, auch mal Ungewohntes zu wagen und sich aus der eigenen Komfortzone zu bewegen. Dabei merken wir ganz genau, dass wir mit diesen Ausreden nur unser inneres, schlechtes Gewissen uns selbst gegenüber beruhigen.
Doch es geht nicht nur um Selbstverwirklichung. Die tagtägliche Wirklichkeit zeigt, dass wir es uns schlichtweg nicht mehr leisten können, unsere eigene berufliche und private Entwicklung hintenanzustellen. Das neue Scheidungsrecht und die Altersarmut, speziell von Frauen, zeigt überdeutlich, dass Handlungsbedarf besteht. Es ist auch wirtschaftlich nicht mehr vertretbar, dass Frauen, nach intensiver beruflicher Ausbildung oder jahrelangem Studium mit hervorragenden akademischen Abschlüssen, plötzlich sang -und klanglos in der Familienpause verschwinden. Natürlich sind auch viele gesellschaftliche Zwänge und nach wie vor eine ungenügende Kinderbetreuung für vieles verantwortlich. Da gilt es nachzubessern. Doch wir sollten uns trotz allem nicht aus der Verantwortung stehlen aus Angst davor, was auf uns zukommen kann, wenn wir uns selbst versorgen. In einem Film über Katherine Hepburn, die sie als taffe, unabhängige Frau im Hollywood der 30 Jahre zeigte, wurde berichtet, dass sie sich, aus Angst vor neuen Herausforderungen, des Öfteren vor ihrem Auftritt übergeben mußte. Ein Eimer stand immer bereit. Gottseidank gibt es mittlerweile auch andere Strategien, um unsere Ängste zu überwinden.
Neurobiologisches Stressmanagement kann unser altes Schutzprogramm im wahrsten Sinne des Wortes updaten. Colette Dowling beschrieb schon 1981 in ihrem Buch „Der Cinderella Complex“ sehr ausführlich diese Phänomene und nahm sich dabei selbst nicht aus. Uns alle holen diese alten Muster immer wieder ein. Mit Hilfe des Neurobiologischen Stressmanagements können wir die unbewussten Zusammenhänge entdecken und uns nachhaltig davon zu befreien. Ohne schlechtes Gewissen und frei von Angst, haben wir dann wirkliche Gestaltungsfreiheit. In der Gruppe 6 x 6 widmen wir uns diesen kollektiven, von Generation zu Generation weitergegebenen, unbewussten Überzeugungen und Gefühlen. (Mehr erfahren über 6 x 6) Denn fataler Weise bestehen diese alten, genetischen Prägungen, trotz aller Fortschritte und Errungenschaften der Emanzipations- und Frauenbewegung, nahezu unverändert. Unser Wissen und unser Bewusstsein für diese Themen sind zwar gewachsen, doch die genetischen Konditionierungen sind die gleichen, wie vor hunderten von Jahren.
Es ist eine große Chance im geschützten Raum mit gleichgesinnten Frauen sich von diesen unbewussten Schranken zu befreien, um die Entwicklungsmöglichkeiten und Freiheiten, die unserer Gesellschaft mittlerweile Frauen bietet, auch wirklich nutzen zu können. Zu unserem Wohl, doch auch zum Wohl unserer Gesellschaft und zum Wohl unserer Partner, Töchter und Söhne.
Ihr Quick-Win-Serviceteil
Deshalb ist es sinnvoll sich zu überlegen, was uns noch davon abhält, uns um unsere berufliche und finanzielle Unabhängigkeit zu kümmern:
1. Statt uns nur an äußeren Umständen abzuarbeiten und uns als Opfer zu fühlen, könnten wir uns fragen:
- Wovor habe ich denn wirklich Angst und ist diese Angst wirklich berechtigt?
- Warum traue ich mich nicht, meine Bedürfnisse nach persönlicher und beruflicher Weiterentwicklung ernst zu nehmen?
- Habe ich mich in letzter Zeit häufiger überfordert oder hilflos gefühlt und wenn ja, warum?
- Habe ich konkret nach Lösungen gesucht?
- Wie kann ich mein Selbstvertrauen stärken?
- Wo kann ich mir Unterstützung holen?
- Welche überholten Rollenmuster habe ich von meiner Mutter bzw. von meinen Eltern übernommen?
- Welche inneren Überzeugungen hemmen mich noch?
2. Wir könnten uns fragen: „Was muss ich tun, um mein berufliches Weiterkommen zu fördern?“
- Was brauche ich für meinen beruflichen bzw. persönlichen Erfolg?
- Wo kann ich mir gezielt Informationen und Unterstützung holen?
- Wie kann ich meine beruflichen Kompetenzen ausbauen?
- Wie kann ich meinen beruflichen Wiedereinstieg nach der Familienpause vorbereiten?
- Was kann ich schon im Vorfeld tun, um meine berufliche Karriere trotz Familienplanung weiterzuverfolgen?